Was mich an Peru fasziniert
– Das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier: In Montero hat jeder Haustiere. Jedoch nicht so wie bei uns, das süße Meerschweinchen, die unspektakuläre Schildkröte, der treue Hund. Sondern Tiere, die einen Nutzen haben: Der Hund passt auf das Haus auf, die Katze hält die Ratten fern, der Esel transportiert den Kaffee vom Feld zur Weiterverarbeitung, das Huhn legt Eier oder bekommt Küken, die alle irgendwann in der Pfanne landen. Und alle leben zusammen. Die Hühner laufen tagsüber durch den Garten und nachts kuscheln sie sich im Wohnzimmer hinter den lautstarken Fernseher und schlafen dort. Interessant war auch der Moment, wo ich unwissend in die Küche kam, wo gerade dem Hahn die Kehle durchgeschnitten wurde. Das Blut tropfte in die Schüssel („Ein sehr nahrhafter Teil.“) und der Körper zappelte noch…da hat das Stadtkind in mir kurz innerlich aufgeschrien. Ihn gab’s dann abends zum Geburtstagsessen, zusammen mit Reis und Gemüse aus dem Garten, lecker!
– Kenntnisse über die Natur: Ich habe immer noch das Gefühl, dass ich unwissend durch Montero laufe. Ich bin stolz darauf, dass ich mittlerweile weiß, wie Kaffee-, Zuckerrohr-, Kakao-, Papaya-, Limetten-, Mango-, Maracuja- und Kaktusfeigenpflanzen aussehen. Es gibt aber soooo viel mehr. Wenn wir einen Spaziergang durch die Gegend machen, sehe ich am Wegesrand Pflanzen, die für mich in die Kategorie Unkraut gehören. Dann wird mir aber erklärt, dass es gegen Magenbeschwerden hilft. Das Pflänzchen daneben ist gut für die Nieren und nebenan finden wir noch was gegen Grippe. Während ich immer noch auf Medikamente der Apotheke schwöre, halten viele Monterinos nicht viel davon und brauen sich ihren eigenen Tee. Als ich Anfang Juni einmal krank war, durfte ich eine solche Mischung mal probieren: Es war grau, trüb, mit Stückchen und roch nach einem Mix aus Heu und Panela…schmeckte auch so. Etwas skeptisch habe ich es getrunken…und am nächsten Morgen waren Fieber, Unwohlsein, Gliederschmerzen und Schüttelfrost wegJ!
– Das Kälteempfinden: Wir sind hier in einer Region, in der es selten kälter als 15 Grad wird. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt eher bei 25 Grad. Somit ist für alle Piuraner alles, was unter 20 Grad ist, „kalt“ und dann wird sofort der dicke Pulli, Schal und lange Hose ausgepackt. Anscheinend habe ich mich schon zu sehr an die Wärme Piuras gewöhnt, denn auf der Reise durch Südperu und Lima mit blauem Himmel und Sonnenschein pur habe ich mich doch glatt erkältet. Die (interessante) Erklärung für das Entstehen meiner Erkältung meiner Gastmutter war: „Das kommt bestimmt vom kalten Bier und vom Joghurt, den du gestern gegessen hast.“ 😉
– Wie fit alle Leute sind. In den Städten sind die Peruaner eher gemütlich und dementsprechend ein bisschen pummelig. In Montero hingegen arbeiten die Leute körperlich hart und sind dementsprechend drahtig durchtrainiert. Und sie haben eine bewundernswerte Kondition. Ob alt, ob jung, sie laufen die Berge zu den Feldern hoch, als ob es nur 400m im Stadion sind. Während ich fertig und schwitzend oben ankomme, hat der 80jährige schon den Esel beladen und ist bereit wieder nach unten zu laufen…
– Sandbewässerung: In Piura wohne ich in einem Stadtviertel, in dem es keine asphaltierte Straße gibt, sondern nur Sand. Oft habe ich gesehen, wie morgens die Leute vor ihren Häusern stehen, mit einem Wasserschlauch in der Hand, und den Sand bewässern. Auf Nachfrage wurde mir erklärt, dass es gemacht wird, „para que no se levante el polvo“, damit der Staub nicht umherweht. Nun gut, aber bei der Hitze und der Sonne ist der Sand vielleicht ne dreiviertel Stunde nass und dann wieder staubig wie vorher. Das System hab ich also noch nicht ganz gecheckt.
– Hausbau: In Deutschland baut jemand ein Haus oder kauft eine Wohnung nach dem Sinne „ganz oder gar nicht“. Hier baut man nach dem Motto „wir fangen mal an“. Das ist der Grund, warum überall halbfertige Häuser stehen. Z.B. meine Gastfamilie in Piura: Als sie vor 15 Jahren nach Piura kamen, haben sie das Grundstück und das „Haus“ gekauft. Es bestand aus zwei Räumen (Schlaf- und Wohnzimmer) und einem Bad. Die Küche war draußen, provisorisch. Immer, wenn durch die Arbeit oder durch die Ernte ein bisschen Geld übrig war, haben sie ein bisschen angebaut. Erst eine überdachte Küche, dann ein weiteres Schlafzimmer, dann ein Esszimmer, dann eine zweite Etage etc. Nach 15 Jahren ist das Haus riesig, es gibt eine Garage, große Küche, Wohnzimmer, Esszimmer, Flur, Waschraum, 6 Schlafzimmer, zwei Rumpelkammern und 4 Badezimmer. Eine weitere kleine Küche und ein Schlafzimmer werden zurzeit gebaut.
– Tante Emma Läden: …in denen ALLES einzeln verkauft wird! EINE Rolle Klopapier, DREI Zigaretten… Das Gleiche ist in Apotheken: Du gehst in die Apotheke, beschreibst dein Problem und bekommst dann nicht eine Packung Paracetamol oder ein Päckchen Pflaster in die Hand gedrückt, sondern zwei Tabletten oder 5 Pflaster, halt so viel, wie du brauchst! Gewöhnungsbedürftig, aber praktischJ!
– Spitznamen: Bei uns bekommen Leute meist einen Spitznamen, der sich auf den eigentlichen Namen bezieht. Also entweder nimmt man einfach den Nachnamen oder der Vorname wird abgekürzt. Hier beziehen sich Spitznamen immer irgendwie auf das Äußere. Einer, der nur 1,60m groß ist, wird „Chato“ (Kleiner) genannt. Einer mit asiatischen Vorfahren, ist immer der „Chino“ (Chinese). Und ich mit heller Hautfarbe und grünen Augen, bin die „Gringa“, was eigentlich ein Ausdruck für die Amis ist, aber nun gut… Spitznamen mit Tieren kommen auch vor, so wurden mir schon „Mono“ (Affe) und „Pájaro“ (Vogel) vorgestellt.;-)…
– Vegetarier: Fleischloses Essen gibt es in Peru nicht. Hühnchen mit Reis ist Standard, gerne auch mal morgens, mittags, abends (ja, auch morgens). Das Verständnis für Vegetarier lässt sich in einer Geschichte ganz gut erkennen: Wir sind in einem Restaurant und fragen die Kellnerin, ob sie auch ein vegetarisches Essen, also ohne Fleisch zubereiten können. Antwort: „Ja, kein Problem. Wir hätten da Hühnchen, Schwein oder Ente.“ 😉